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Zeitsoftware einführen: die 3 gefährlichsten Stolpersteine

Von Marco Peter

Warum ist die Einführung einer neuen Zeiterfassungssoftware für ein Unternehmen ein kritisches Projekt? Weil es dessen Kernprozesse verändert. Die nachfolgenden 3 Stolpersteine gilt es bei der Evaluation und Einführung eines neuen Zeittools unbedingt zu vermeiden. Dieser Ratgeber-Beitrag zeigt im Detail auf, wie dies gelingt. Denn ein schlecht umgesetztes Einführungsprojekt hat negative Auswirkungen, welche noch lange in der Unternehmung nachhallen werden.

Die 3 Stolpersteine in der Übersicht

  1. Die internen Stakeholder nicht an Bord holen und die Anforderungen ungenügend aufnehmen
  2. Die unterschiedlichen Optionen und Angebote nicht richtig evaluieren
  3. Während des Change-Prozesses nicht ausreichend kommunizieren und die Anwenderinnen und Anwender nicht ausreichend schulen

Von diesen 3 Stolpersteinen hängt nicht nur die erfolgreiche Einführung ab, sondern auch die interne Glaubwürdigkeit der projektleitenden Personen und Abteilungen.

Wenn es dem Projektteam aus der HR- und der IT-Abteilung gelingt, diese Stolpersteine gekonnt zu umgehen, wird die Einführung der neuen Zeiterfassungssoftware von den Mitarbeitenden mit Wohlwollen aufgenommen werden.

Geschäfts- und Abteilungsleitende werden sich gerne an das erfolgreiche Projekt erinnern und es als Musterbeispiel für andere Projekte ins Feld führen. Das unternehmensinterne Standing der Personalabteilung und des Informatikteams wird gestärkt.

Wenn die entscheidenden Massnahmen im Evaluations- und Einführungsprojekt aber fehlen, wird der Weg steinig und der Gegenwind eisig werden. Es steht nicht nur die Lancierung der neuen Zeitsoftware auf dem Spiel, sondern auch die Glaubwürdigkeit der projektleitenden Personen und deren Abteilungen.

Die schlechte Aura des Projektes wird noch lange nachhallen und es wird auch für zukünftige Projekte schwieriger werden, zum Erfolg zu kommen.

Stolperstein 1: Die internen Stakeholder nicht an Bord holen und die Anforderungen ungenügend aufnehmen

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Es ist von grosser Bedeutung, dass Sie die verschiedenen Stakeholder frühzeitig in das Projekt involvieren. Dabei handelt es sich um:

  • Alle Mitarbeitenden (alle werden die Software einsetzen)
  • Spezifische Abteilungen wie Buchhaltung, Produktion, Einkauf, interne Informatik
  • Die Geschäftsleitung
  • Unter Umständen sogar der Verwaltungsrat (je nach Firmenkultur)

Formen Sie ein Projektteam und holen Sie sich aus allen Anspruchsgruppen einen Vertreter oder eine Vertreterin in dieses Team. Dadurch stellen Sie sicher, dass die jeweiligen Anforderungen am runden Tisch hervorgebracht und diskutiert werden können.

Sie vermindern dadurch das Risiko, dass unerwarteter Widerstand auftritt.

Extratipp: Identifizieren Sie die «Multiplikatoren» und integrieren Sie dies unbedingt in das Projekt. Bei Multiplikatoren handelt es sich um Einzelpersonen, die intern über einen besonders grossen Einfluss verfügen. Können Sie diese Personen zu Befürworterinnen oder Befürwortern machen, erhält das Projekt zusätzlichen Vortrieb. Lassen Sie diese Personen aussen vor, verwandeln diese sich im schlechtesten Fall zu Verhinderern, welche die Einführung blockieren wollen.

Definieren Sie mit diesem Projektteam nun die Anforderungen an das neue Tool. Typische Fragen, die Sie sich vor der Evaluationsphase eines neuen Zeiterfassungstools stellen müssen:

  • Was sollen die Möglichkeiten für die Erfassung der Arbeitszeit sein?
  • Wird nur an den Arbeitsplatz-Endgeräten erfasst oder müssen auch Terminals angebunden werden können?
  • Wie intuitiv und benutzerfreundlich ist die Erfassung?
  • Müssen Zeiten auf Kunden oder Projekte gebucht werden können?
  • Müssen die erfassten Zeiten in Echtzeit zur Verfügung stehen?
  • Wie sollen die Arbeitszeiten ausgewertet werden können?
  • Welche Anforderungen müssen in Sachen Datenexport abgedeckt werden?
  • Gibt es Anforderungen an Schnittstellen zu/von anderen Umsystemen?
  • Wie soll das System Verstösse gegen die vorgeschriebenen Arbeits- und Ruhezeiten handhaben?
  • Müssen Abwesenheiten im Voraus geplant werden können?
  • Wie sieht es aus bezüglich verschiedenen Standorten und Sprachen?
  • Muss das Tool skalierbar sein?
  • Welches sind Ihre Erwartungen an die Services der Tool-Anbieterin?

Nun haben Sie eine Anforderungsliste, in welche alle wichtigen Bedürfnisse eingeflossen sind. Sämtliche Anspruchsgruppen des Unternehmens sind darin repräsentiert.

Extratipp: Unterteilen Sie die Anforderungen in Muss-Kriterien und Nice to have-Kriterien. Erstere sind die Killerkriterien, welche zwingend erfüllt sein müssen. Damit schaffen Sie sich ein Instrument, um klare Entscheidungen treffen zu können.

Im Blogpost «Anforderungen Zeiterfassungssystem» finden Sie weitere Details dieser Anspruchsgruppen und derer Bedürfnisse.

Stolperstein 2: Die unterschiedlichen Optionen und Angebote nicht richtig evaluieren

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Nun wird es konkret. Die Evaluations- und Entscheidungsphase kann in fünf Schritte aufgeteilt werden:

  1. Online-Recherche
  2. Persönliche Beratung bei den Anbieterinnen und Anbietern einholen
  3. Test-Accounts aktivieren und die Muss-Kriterien durchtesten
  4. Enge Auswahl treffen und konkrete Offerten dafür einholen
  5. Finalen Entscheid treffen (oder auf Empfehlung treffen lassen)

 

Es ist wichtig, dass das Projektteam sich die Zeit für eine ausreichende Evaluation nehmen kann.

Extratipp: Lassen Sie sich von den Anbietern Referenzkontakte angeben. Dadurch bekommen Sie wertvolle Infos zur Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma des jeweiligen Produktes.

Vor allem an den Entscheidungspunkten ist der Einbezug des Projektteams wieder wichtig: Wenn eine engere Auswahl getroffen wird. Es geht auch hier wieder darum, die neue Zeitsoftware und die mit ihr einhergehenden Prozessveränderungen möglichst breit im Unternehmen abzustützen.

Für den finalen Entscheid ist in jedem Falle die Geschäftsleitung miteinzubeziehen. Entweder ist sie im Projektgremium bereits vertreten und der Entscheid kann direkt getroffen werden. Oder aber das Gremium gibt eine Empfehlung ab und die Leitung entscheidet autonom.

Im Blog «Evaluation Zeiterfassung» finden Sie weitere Details zum Thema.

Stolperstein 3: Während des Change-Prozesses zu wenig kommunizieren und die Mitarbeitenden nicht ausreichend schulen

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Weil die Einführung einer neuen Zeiterfassungssoftware die Prozesse des Unternehmens verändert, ist es ein Change-Projekt. Absolut entscheidend für den Erfolg von Veränderungsprojekten ist die «Change Kommunikation». Sie bereitet die Leute auf die anstehende Veränderung vor. Die Change Kommunikation kann in folgende 4 Phasen eingeteilt werden:

  1. Analyse und Zieldefinition
    Festlegen der Kommunikationsmassnahmen. Wann und auf welchem Kanal soll das Projekt an die Gesamtunternehmung bekannt gegeben werden? Wie wird während des Projektes über den Fortschritt kommuniziert?
  2. Orientierung und Information
    Im Falle der neuen Zeiterfassungssoftware geht es hier um die Kommunikation an die ganze Firma, dass es ein neues Tool geben soll. Alle Mitarbeitenden werden informiert und haben den gleichen Kenntnisstand. Wichtig hierbei ist ein (wenn auch nur grober) Zeitplan und die Information, wie die Schulungen für die Mitarbeitenden ablaufen werden.
  3. Umsetzung und Partizipation
    Während das Projektteam geformt, die Anforderungen aufgenommen, potentielle Softwares evaluiert und schliesslich ein Gewinner ausgewählt wird, sollte regelmässig kommuniziert werden. Zu jedem erreichten Meilenstein kann beispielsweise eine Newsmeldung im Intranetportal aufgeschaltet werden.
  4. Integration und Evaluation
    In puncto Integration kommen die Mitarbeitenden-Schulungen ins Spiel. Sie übernehmen viele Funktionen aus dem Bereich Kommunikation. Hier findet für die Nutzerinnen und Nutzer der tatsächliche Change statt.

Weil die Belegschaft dank guter Change Kommunikation sanft auf die anstehende Veränderung vorbereitet wurde, sind die Leute nun bereit, die tatsächliche Neuerung auch zu akzeptieren. An diesem Punkt sind gute User-Schulungen absolut entscheidend. Diese sollten folgende Elemente enthalten:

  • Aktive, in-Personen-Schulungen
  • Abdeckung des gesamten Prozesses für die jeweiligen User-Gruppen: vom Login über die Erfassung bis hin zur Auswertung
  • Zur Verfügung stellen des Schulungsmaterials in digitaler Form; bspw. als PDF-Dokumentationen oder noch besser als Videos
  • Anbieten von nachgelagerten walk-in Sessions oder Fragestunden

Extratipp: Die Mitglieder des Projektteams können in den jeweiligen Abteilungen die Rollen von «Superusern» übernehmen. Das heisst, sie stehen für unmittelbare Fragen aus den Teams zur Verfügung und können direkt bei den Anwenderinnen und Anwendern unterstützten.

 

Fazit

Nehmen Sie diese Tipps zu Herzen und packen Sie die Einführung des neuen Zeiterfassungssystems an. Die involvierten Personen und auch die grössere Belegschaft in der Firma wird wahrnehmen, dass Sie das Projekt mit Bedacht führen und sich bewusst sind, dass es eine grosse Veränderung für das Unternehmen ist. Dadurch stärken Sie die Erfolgschancen der Einführung und bauen sich eine gute Reputation auf. Und wenn es dann doch etwas rumpelt: Ganz ohne Rumpeln ist noch kein Veränderungsprojekt über die Bühne gegangen.