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Ist das Erfassen der Arbeitszeit obligatorisch?

Von Thomas Schmid

Ja, aber der Gesetzgeber schreibt nicht vor, in welcher Form dies geschehen soll. Grundsätzlich können die Erfassung und Aufbewahrung in jeder beliebigen Form (schriftlich, elektronisch) erfolgen. Die Aufbewahrungspflicht der erfassten Zeiten beträgt 5 Jahre.

https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Arbeit/Arbeitsbedingungen/Arbeitnehmerschutz/Arbeits-und-Ruhezeiten/Arbeitszeiterfassung.html

Artikel 46 des Arbeitsgesetzes (ArG) verpflichtet die Arbeitgeber, alle Verzeichnisse oder andere Unterlagen, aus denen die für den Vollzug des Gesetzes und seiner Verordnungen erforderlichen Angaben ersichtlich sind, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen zur Verfügung zu halten. Namentlich müssen Dauer und Beginn und Ende der geleisteten täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (inklusive Ausgleichs- und Überzeitarbeit) sowie der Pausen von einer halben Stunde und mehr ersichtlich sein (Art. 73 ArGV 1).

Das Arbeitsgesetz sieht 3 Arten der Zeiterfassung vor:

• Die systematische Zeiterfassung
• Die vereinfachte Zeiterfassung
• Den Verzicht auf die Zeiterfassung

Zusammenfassung

Für Arbeitnehmende die unter das Arbeitsgesetz fallen, gilt die Pflicht der Zeiterfassung mit verschiedenen Merkmalen, wie der Arbeitszeit, der Pausen und deren Lage usw.

Zwischen dem Arbeitnehmenden und dem Arbeitgebenden kann eine Vereinbarung getroffen werden, dass nur eine vereinfachte Zeiterfassung vorgenommen wird. Bei weniger als 50 Arbeitnehmenden kann diese individuell vorgenommen werden, ansonsten ist die Zustimmung einer Arbeitnehmervertretung notwendig. Hier muss eine Zeitautonomie von mindestens 25% bestehen, dann muss einzig die geleistete tägliche Arbeitszeit erfasst werden. Bei Nacht- und Sonntagsarbeit ist der Anfang und das Ende der Arbeitszeit jedoch weiterhin zu erfassen.

Bei Vorhandensein eines GAV’s, welcher einen Verzicht der Zeiterfassung vorsieht, können Arbeitnehmende, welche ein Bruttojahreseinkommen von über 120’000 CHF aufweisen (Max UVG * 80%) und individuell dieser Massnahme zustimmen, ganz auf die Zeiterfassung verzichten.

Alle Abweichungen von der systematischen Erfassung sind schriftlich festzuhalten und müssen den Anforderungen der gesetzlichen Bestimmungen genügen.

Im Detail

Systematische Zeiterfassung

Bei einer systematischen Zeiterfassung sind folgende Informationen zu belegen:

  • Die geleistete (tägliche und wöchentliche) Arbeitszeit inkl. Ausgleichs- und Überzeitarbeit sowie ihre Lage.
  • Die gewährten wöchentlichen Ruhe- oder Ersatzruhetage, soweit diese nicht regelmässig auf einen Sonntag fallen.
  • Die Lage und Dauer der Pausen von einer halben Stunde und mehr.
  • Die betrieblichen Abweichungen von der Tag-, Nacht- und Sonntagsdefinitionen gemäss den Artikeln 10, 16 und 18 des Arbeitsgesetzes
  • Regelungen über den Zeitzuschlag nach Artikel 17b Absätze 2 und 3 des Arbeitgesetzes.
  • Die nach dem Arbeitsgesetz geschuldeten Lohn- und Zeitzuschläge. (Art. 73 Abs. 1 ArGV 1)

Diese Aufzählung der Liste gemäss Artikel 73 Absatz 1 ist nicht abschliessend. In dieser fehlen zum Beispiel die Ruhezeiten und andere Schutzmassnahmen. (SECO)

Vereinfachte Zeiterfassung

Die Arbeitnehmervertretung einer Mehrheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eines Betriebs kann mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selber festsetzen können, einzig die geleistete tägliche Arbeitszeit erfasst werden muss. Bei Nacht- und Sonntagsarbeit sind zusätzlich Anfang und Ende dieser Arbeitseinsätze zu dokumentieren. (Art. 73b Abs.1 ArGV 1)

Die Arbeitnehmenden müssen mindestens einen Viertel der Arbeitszeit frei bestimmen können, damit die vereinfachte Zeiterfassung zur Anwendung kommen kann. (SECO)

Die Vereinbarung muss Folgendes festhalten:

  • Die Arbeitnehmerkategorien, für welche die vereinfachte Arbeitszeiterfassung gilt.
  • Besondere Bestimmungen zur Einhaltung der Arbeitszeit- und Ruhezeitbestimmungen. (z.B. Blockierung der Zustellung des Mailverkehrs in der Nacht oder am Sonntag, Festlegung eines späteren Arbeitsbeginns nach Auslandreisen, Pausenkultur).
  • Ein paritätisches Verfahren, mit dem die Einhaltung der Vereinbarung überprüft wird. (Art. 73b Abs. 2 ArGV 1)

In Betrieben mit weniger als 50 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen kann die vereinfachte Arbeitszeiterfassung nach Absatz 1 auch individuell zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin schriftlich vereinbart werden. In der Vereinbarung ist auf die geltenden Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen hinzuweisen. Zusätzlich muss jährlich ein Endjahresgespräch zur Arbeitsbelastung geführt und dokumentiert werden. (Art. 73b Abs. 3 ArGV 1)

Den betroffenen Arbeitnehmenden steht es frei, trotz Vorliegens einer Vereinbarung die Angaben nach Artikel 73 Absatz 1 Buchstaben c-e aufzuzeichnen. Der Arbeitgeber hat dafür ein geeignetes Instrument zur Verfügung zu stellen. (Art. 73b Abs. 4 ArGV 1)

Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung

Die Sozialpartner können in einem Gesamtarbeitsvertrag vorsehen, dass in den Verzeichnissen und Unterlagen die Angaben nach Artikel 73 Absatz 1 Buchstaben c–e und h nicht enthalten sein müssen, sofern die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen:

  • Bei ihrer Arbeit über eine grosse Autonomie verfügen und ihre Arbeitszeiten mehrheitlich selber festsetzen können (mindestens die Hälfte der Arbeitszeit muss frei bestimmbar sein).
  • Über ein Bruttojahreseinkommen, einschliesslich Boni, von mehr als 120 000 Franken verfügen, wobei sich dieser Betrag bei Teilzeitanstellung anteilsmässig reduziert.
  • Schriftlich individuell vereinbart haben, dass sie auf die Arbeitszeiterfassung verzichten. (Art. 73a Abs.1 ArGV 1)

Der Betrag von CHF 120’000 bezieht sich auf den Höchstbetrag des versicherten Verdiensts nach Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) von CHF 148’200 (AHV-pflichtiger Lohn) per 1. Januar 2016 und folgt dessen Entwicklung. Die festgelegte Lohnuntergrenze liegt 20% unter diesem Maximum und wurde aufgerundet. (Art. 73a Abs.2 ArGV 1)

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin oder der Arbeitgeber kann die Vereinbarung nach Absatz 1 Buchstabe c jährlich widerrufen. (Art. 73a Abs.3 ArGV 1)

Die Arbeitgebenden haben den Gesamtarbeitsvertrag, die individuellen Verzichtsvereinbarungen, deren Bruttojahreseinkommen den Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu halten. (Art. 73a Abs.5 ArGV 1)